Herdabdeckplatte in Flammen

Stefan LangVersicherungsmakler

Das Landgericht (LG) Siegen hat mit Urteil vom 29. Juni 2015 (3 S 9/15) entschieden, dass ein Versicherungsnehmer, der in der irrigen Annahme, dass er einen Küchenherd abgeschaltet hat, eine Abdeckplatte aus Holz auf die Kochstellen legt, grundsätzlich nicht grob fahrlässig handelt. Damit wurde eine anderslautende Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben.

Ein Mann und späterer Kläger hatte auf seinem Küchenherd eine Speise gebraten und dabei kurz vor Ende des Bratvorgangs die Kochplatte auf die niedrigste Stufe eingestellt. Er legte danach in dem Bewusstsein, den Herd nach dem Braten abgeschaltet zu haben, eine massive, mit Abstandshaltern versehene Holzplatte auf den Herd, als er die Pfanne vom Herd genommen und die Speise verzehrt hatte. Nach eigenen Angaben hatte er keine sicht- und spürbare Erwärmung der Kochplatte mehr wahrgenommen.

Dies stellte sich als Irrtum heraus, da die Abdeckplatte wenig später Feuer fing und Teile der Küche in Flammen aufgingen.

Der klägerische Hausratversicherer wollte sich an den Kosten des durch den Brand entstandenen Schadens lediglich mit einer Quote von 75% beteiligen. Er berief sich dabei auf grobe Fahrlässigkeit und sei daher zu einer Leistungskürzung gemäß § 81 Absatz 2 VVG berechtigt.

Im Gegensatz zum erstinstanzlich mit dem Fall befassten Amtsgericht Lennestadt (3 C 43/14) gab das LG Siegen der Klage auf Ersatz des vollständigen Schadens statt.

Nach richterlicher Ansicht ist grob fahrlässiges Verhalten im Sinne des Versicherungsvertrags-Gesetzes gegeben, wenn sich ein Versicherter einer schlechthin unentschuldbaren Pflichtverletzung schuldig gemacht hat. Dies bedeutet, dass er seine Sorgfaltspflichten in ungewöhnlich hohem Maße verletzt haben muss und ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat.

Das Gericht hielt es nach der Anhörung des Klägers für glaubhaft, dass er keine sicht- und spürbare Erwärmung mehr bemerkt und auch keine leuchtende Kontrollleuchte des Herdes wahrgenommen hat.

Zwar könne dem Kläger der Vorwurf gemacht werden, dass er beim Aufbringen der Abdeckplatte nicht sorgfältig kontrolliert habe, ob der Herd tatsächlich ausgeschaltet war. Anders als in typischen Herdplattenfällen habe jedoch keine Situation vorgelegen, in der jemand nach Einleitung des Koch- bzw. Bratvorgangs das Koch-/Brat-Gut bewusst oder unbewusst auf einem eingeschalteten Herd zurücklässt, ohne sich darum zu kümmern. Wegen der Dicke der Abdeckplatte sowie der Tatsache, dass sie mit Abstandshaltern versehen war und daher nicht direkt auf der Kochfläche auflag musste er auch nicht mit einer leichten Entflammbarkeit rechnen. Vor diesem Hintergrund war sein Verhalten zwar in erheblichem Maße fahrlässig, die gebotene Sorgfaltspflicht wurde aber nicht in ungewöhnlich hohem Maße und somit schlechthin in unentschuldbarer Weise verletzt.

Deswegen muss der Versicherer den Schaden vollumfänglich ausgleichen.

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